Eine aktuelle EuGH Entscheidung zur Abzugsteuer auf Zinsen und Lizenzen bringt Verschärfungen für Fonds- und Holdingstrukturen, wie TPA Steuerexpertin Iris Burgstaller zusammenfasst.
Der Europäische Gerichtshof hat am 26. Februar 2019 ein Urteil zu vier verbundenen Ausgangsverfahren gefällt, bei denen es um künstliche Gestaltungen im Lichte der EU Zinsen-Lizenzgebühren-RL geht.
Die Entscheidung hat Auswirkungen insbesondere für Fonds- und Holdingstrukturen, wenn Zins- oder Lizenzzahlungen über mehrere Strukturebenen ausgezahlt werden und die oberste Empfängerebene nicht selbst die EU Richtlinien nutzen kann. Letzteres ist zB der Fall bei Ansässigkeit in einem Nicht-EU-Staat, bei natürlichen Personen oder bei Nichterfüllung von Behaltedauer oder Beteiligungshöhe laut der EU-Richtlinie.
1. Ausgangssachverhalt
In den dem EuGH vorliegenden Fällen ging es um Fonds- und Holdingstrukturen, bei denen eine Gesellschaft einer anderen Zinszahlungen schuldete, die vom Schuldner über (zumindest) eine weitere Gesellschaft (=Zwischengesellschaft) an den ausländischen Empfänger geleitet wurden.
Aus Sicht der Finanzverwaltung stellten die Zwischengesellschaften reine Durchleitungsgesellschaften dar und waren dementsprechend nicht die (wahren) Nutzungsberechtigten des Vermögens, weshalb die Zinsen-Lizenzgebühren-RL nicht zur Anwendung komme. Dementsprechend wurde auf die Zinsen Abzugsteuer vorgeschrieben.
2. EuGH: Durchleitung von Zinsen = Künstliche Gestaltung
Das nun veröffentlichte Urteil des EuGH folgt den nationalen Behörden in der Annahme, dass die Durchleitung von Zinsen in vollem oder nahezu vollem Umfang an andere (Konzern-)Einheiten unter gewissen Umständen ein Indiz für eine künstliche Gestaltung ist.
Dies gilt vor allem dann, wenn der betreffende Konzern derart strukturiert ist, dass die Gesellschaft, die die Zinsen von der Schuldnergesellschaft erhält, diese an eine dritte Gesellschaft weiterleiten muss, welche die Voraussetzungen der EU Richtlinie nicht erfüllt (zB mangels Substanz, mangels geforderter Beteiligungshöhe oder wegen Ansässigkeit in einem Nicht-EU-Staat).
In solchen Fällen steht daher keine Befreiung von der Quellensteuer für die Zins- oder Lizenzzahlungen zu, selbst wenn diesbezüglich in einem Mitgliedsstaat eigene spezielle fehlen.
3. Praxishinweise: Wann kann eine „Durchleitungsgesellschaft“ vorliegen?
Eine Gesellschaft fungiert als Durchleitungsgesellschaft, wenn ihre einzige Tätigkeit in der Entgegennahme der Zinsen und deren Weiterleitung an den Nutzungsberechtigten oder andere Durchleitungsgesellschaften besteht.
3.1 Keine reale wirtschaftliche Tätigkeit
Ob eine reale wirtschaftliche Tätigkeit fehlt, ist anhand der charakteristischen Merkmale der betreffenden Tätigkeit zu ermitteln. Dabei sind sämtliche relevanten Umstände zu berücksichtigen, insbesondere
- die Geschäftsführung,
- die Bilanz,
- die Kostenstruktur,
- die tatsächlichen Ausgaben,
- die Beschäftigten,
- die Geschäftsräume und
- die Ausstattung der betreffenden Gesellschaft.
3.2 Transaktion führt zu steuerschonender Gewinnverschiebung
Weitere Indizien für eine künstliche Gestaltung können auch die verschiedenen Verträge zwischen den an den betreffenden Finanztransaktionen beteiligten Gesellschaften sein, die zu konzerninternen Gewinnverschiebungen mit steuerschonendem oder steuerverhinderndem Zweck führen.
3.3 (De-facto) Keine Verfügungsmacht über erhaltene Zinsen/Lizenzen
Außerdem können die Modalitäten der Finanzierung der Transaktionen, die Bewertung des Eigenkapitals der Zwischengesellschaften und die fehlende Befugnis der Durchleitungsgesellschaften, wirtschaftlich über die erhaltenen Zinsen zu verfügen, ausschlaggebend sein, um eine Struktur als missbräuchlich oder künstlich anzusehen.
Die fehlende Verfügungsmacht kann entweder basieren auf einer vertraglichen oder gesetzlichen Verpflichtung der Gesellschaft, die erhaltenen Zinsen an einen Dritten weiterzuleiten.
Vorsicht! Auch wenn keine solche vertragliche oder gesetzliche Verpflichtung zur Weiterleitung vorliegt, kann eine Quellensteuerbefreiung auf Basis der EU Richtlinie verweigert werden, wenn die Gesellschaft „im Wesentlichen“ nicht über das Geld verfügen kann.
Sollten Sie noch Fragen zum akteullen EuGH Urteil haben, kontaktieren Sie TPA Steuerexpertin Iris Burgstaller.