Update: 9. April 2020
Am 31. März 2020 schloss das polnische Parlament die gesetzgeberischen Arbeiten zur Einführung der Vorschriften über Maßnahmen zur Bekämpfung der negativen Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie ab. Das Hauptziel des so genannten “Anti-Krisen-Schildes”, der am 1. April 2020 in Kraft getreten ist, ist die Unterstützung der polnischen Wirtschaft durch die Erhaltung der Liquidität der Unternehmen und den Schutz von Arbeitsplätzen. Die polnische Regierung erklärte, dass sich der Wert des Hilfsprogramms auf PLN 212 Milliarden (ca. EUR 47 Milliarden) beläuft, was fast 10% des polnischen BIP entspricht.
Der Anti-Krisen-Schild sieht unter anderem folgende Maßnahmen vor:
Befreiung von Kleinstunternehmen von Sozialversicherungsbeiträgen für 3 Monate
Kleinstunternehmen mit bis zu 9 Beschäftigten sind für 3 Monate (März bis Mai) von den Sozialversicherungsbeiträgen (ZUS) befreit. Die Befreiung gilt für Beiträge des Arbeitgebers und der für ihn tätigen Personen. Selbstständige mit einem Einkommen bis zum Dreifachen des in Polen geltenden Durchschnittsgehalts, die Sozialversicherungsbeiträge nur für sich selbst bezahlen, können ebenfalls die Befreiung in Anspruch nehmen.
Lohnzuschüsse für Unternehmen
Wenn bestimmte Kriterien erfüllt sind (hauptsächlich Umsatzrückgang des Arbeitgebers), deckt der Staatshaushalt 40% der Gehälter der Arbeitnehmer bis zum Durchschnittsgehalt in Polen ab. Die zweiten 40% müssen vom Arbeitgeber übernommen werden und der Arbeitnehmer muss zustimmen, dass sein Gehalt um ein Fünftel gekürzt wird. Darüber hinaus wird der Staat die Lohnkosten der Mitarbeiter des Unternehmens in Ausfallzeiten subventionieren und die Hälfte des Mindestlohns in Polen abdecken.
Zuschuss für Stilllegungszeiten an Auftragnehmer und Selbstständige
Das Sozialversicherungsamt (ZUS) zahlt im Zusammenhang mit Ausfallzeiten aufgrund der Coronavirus-Epidemie einen Stilllegungszuschuss. Die Leistung beträgt grundsätzlich 80% des Mindestlohns in Polen (ca. 2.000 PLN) und ist steuer- und sozialversicherungspflichtig. Dieser wird an Auftragnehmer (persönlicher Dienstleistungsvertrag, Mandat, Agenturvertrag, für eine bestimmte Aufgabe) und Selbstständige gezahlt, deren Einkommen unter dem Dreifachen des Durchschnittsgehalts in Polen liegt.
Abschaffung der Verlängerungsgebühr
Die Verlängerungsgebühr, die bei der Gewährung von Steuererleichterungen und Stundungen von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen erhoben wird (z. B. Stundung des Zahlungstermins, Ratenzahlung oder Rückzahlung nach den Bestimmungen der Steuerverordnung), wird vorübergehend abgeschafft. Die formale Bedingung ist die Einreichung eines entsprechenden Antrags bei den zuständigen Steuerbehörden und dem Sozialversicherungsamt (ZUS). Der Finanzminister kann auch durch eine Verordnung ganz oder teilweise auf die Erhebung von Zinsen auf Steuerrückstände verzichten, wobei die Art der Steuer, der territoriale Geltungsbereich des Verzichts und der Zeitraum, in dem der Verzicht erfolgen soll, angegeben werden.
Verlängerung der Frist für die Einreichung der jährlichen Körperschaftsteuererklärung und der Zahlung der Körperschaftsteuer für 2019
Die Frist für die Einreichung der jährlichen Körperschaftsteuer-Erklärung und die Zahlung der Körperschaftsteuer (CIT) für 2019 für alle Steuerzahler (deren Steuerjahr nach dem 31. Dezember 2018 begann und vor dem 1. April 2020 endete) wird vom 31. März auf den 31. Mai 2020 verschoben. NGOs können die Erklärung bis zum 31. Juli 2020 einreichen.
Abzugsfähigkeit von Spenden
Unternehmer sind berechtigt, Spenden an Einrichtungen, deren Zweck die Bekämpfung von COVID-19 ist, in ihre Steuererklärung aufzunehmen und abzusetzen. Spendenbegünstigte Einrichtungen sind jene Einrichtungen des Gesundheitswesens einschließlich Sanitätstransporte. Wenn diese Spenden von Unternehmern vor dem 30. April 2020 getätigt werden, ist ein Betrag von 200% absetzbar, im Mai 2020 ein Betrag von 150% und vom 1. Juni 2020 bis 30. September 2020 ein Betrag in Höhe des Wertes der Spende.
Möglichkeit der rückwirkenden Berücksichtigung von Verlusten
Die Steuerzahler können den im Jahr 2020 entstandenen steuerlichen Verlust, von den im Jahr 2019 erzielten Einkünfte abziehen. Zu diesem Zweck müssen die Steuerzahler eine korrigierte Steuererklärung für das Jahr 2019 abgeben. Diese Maßnahme kommt jenen Unternehmen zu Gute, deren im Jahr 2020 erzielte Umsatzerlöse um mindestens 50% im Verhältnis zu den im Jahr 2019 erzielten Umsatzerlöse sinken werden. Bis zu 5 Mio. PLN können von den Einkünften 2019 abgezogen werden (der Rest des steuerlichen Verlustes kann in den Folgejahren abgezogen werden).
Keine Geldstrafen für Verzögerungen bei öffentlichen Ausschreibungen
Einführung eines Mechanismus zur Verlängerung der Fristen für das öffentliche Beschaffungswesen. Dies erfolgt durch jene Bestimmung, die von der Erhebung vertraglicher Sanktionen für im Zusammenhang mit der Epidemie resultierenden Verzögerungen bei der Ausführung von Ausschreibungen befreit. Gleichzeitig stellt die Nichtberechnung vertraglicher Sanktionen in diesem Verfahren keinen Verstoß gegen die Richtlinien der öffentlichen Finanzen dar. Darüber hinaus wird ein beschleunigtes Verfahren oder die Nichtanwendung der Bestimmungen des Gesetzes über das öffentliche Beschaffungswesen eingeführt, wenn Verträge zur Bekämpfung des Coronavirus erforderlich sind.
Erleichterung für die Tourismusbranche
Verlängerung der Frist für die Erstattung von Kundenzahlungen bei Unmöglichkeit, eine Veranstaltung aufgrund einer Epidemie zu organisieren (in Bezug auf die Organisation von Ausstellungen und Kongressen oder Kultur-, Unterhaltungs-, Freizeit-, Sportaktivitäten, Sonderausstellungen oder Veranstaltungen im Freien) auf 180 Tage ab Vertragsauflösung. Einräumung der Möglichkeit für Kunden, Gutscheine für die Durchführung einer touristischen Veranstaltung innerhalb eines Jahres ab dem Tag zu verwenden, an dem die Veranstaltung aufgrund von COVID-19 abgesagt wurde.
Verlängerung von Betriebsmittelkrediten
Ermöglichung der Berechnung der Kreditwürdigkeit auf der Grundlage von Finanzdaten per Ende 2019. Diese Maßnahme wird von Empfehlungen hinsichtlich der Berechnungslogik der Kreditreserven begleitet. Der Bankensektor erklärte sich bereit, bei Änderung der Vorschriften Betriebsmittelkredite zu vergeben. Diese Lösung ermöglicht die Verlängerung von Betriebsmittelkrediten in Höhe von rd. 150 Mrd. PLN – für den Unternehmenssektor.
Verlängerung der legalen Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis für Ausländer
- Verlängerung von Aufenthaltsvisa und vorübergehenden Aufenthaltsgenehmigungen für Ausländer.
- Verlängerung der Frist für die Einreichung von Anträgen auf Aufenthaltserlaubnis.
- Verlängerung des Visums und Verlängerung des Aufenthalts im Rahmen der visumfreien Reise, wenn diese während des Zeitraums eines epidemischen Notstands auslaufen.
- Verlängerung der Gültigkeitsdauer von befristeten Aufenthaltsgenehmigungen und Visa (bis zu 30 Tage ab dem Datum der Aufhebung).
Befreiung von der Immobiliensteuer
Die lokalen Behörden werden ermächtigt, für einen Teil des Jahres 2020 Befreiungen von der Immobiliensteuer für Unternehmer einzuführen, deren Liquidität sich durch COVID-19 verschlechtert hat. Darüber hinaus werden Bürgermeister oder Präsidenten von Städten ermächtigt, die Fristen für die Zahlung von Immobiliensteuerraten zu verlängern, die im April, Mai und Juni 2020 zu zahlen sind.
Verlängerung der Frist für die Überweisung von Lohnabgaben März und April 2020
Lohnabgaben für März und April 2020, auf die von den Arbeitgebern gezahlten Löhne und Gehälter, wird die Zahlungsfrist bis zum 1. Juni 2020 verlängert, sofern der Arbeitgeber aufgrund von COVID-19 negative wirtschaftliche Folgen erleidet. Diese Regelungen gelten auch für Zahlungen aus Dienstleistungsverträgen und bestimmten Arbeitsverträgen.
Verlängerung der Frist für die unbefristete Nießbrauchsgebühr
Die Zahlungsfrist für die unbefristete Nießbrauchsbrauchsgebühr wird auf den 30. Juni 2020 verlängert.
Möglichkeit des Opting out im Zusammenhang mit der vereinfachten Ermittlung von Vorauszahlungen in 2020
“Kleine Steuerzahler” können die vereinfachte Ermittlung der Vorauszahlungen ablehnen. Steuerzahler, die die vereinfachte Ermittlung der Vorauszahlungen für den Zeitraum März bis Dezember 2020 ablehnen, berechnen die Vorauszahlungen monatlich auf Basis des laufenden Einkommens.
Verschiebung des Inkrafttretens der neuen SAF-T-Mehrwertsteuer- und CRRB-Anträge
Die vorgeschlagenen Maßnahmen verschieben die Verpflichtung zur Vorlage der neuen SAF-T-Mehrwertsteuer für “große Unternehmen” auf den 1. Juli 2020. Darüber hinaus wurde die Frist für die Einreichung von Anträgen beim Zentralregister der wirtschaftlichen Eigentümer bis zum 13. Juli 2020 verlängert.
Zahlungen außerhalb der „Weißen Liste“
Von bisher 3 auf 14 Tage wird die Frist für die Benachrichtigung der Steuerbehörden über Zahlungen auf ein Konto außerhalb der „weißen Liste“ verlängert (dh für Zahlungen von über 15.000 PLN). Die 14-tägige Frist gilt nur während des Zeitraums des epidemischen Notfallstatus oder des aufgrund von COVID-19 angekündigten epidemischen Status.
Andere geplante Maßnahmen für Unternehmen in Polen
- Verschiebung des Inkrafttretens der Mehrwertsteuermatrix vom 1. April auf den 1. Juli 2020.
- Verschiebung der Verpflichtung zur Erstellung von Mitarbeiterkapitalplänen in mittelständischen Unternehmen auf den 1. Oktober 2020.
- Verlängerung der Frist für die Übermittlung von Informationen über Transaktionen mit verbundenen Parteien (Verrechnungspreise) bis zum 30. September 2020.
- Verschiebung des Inkrafttretens rechtlicher Lösungen zur Angleichung der Rechtslage von Kleinunternehmern und Verbrauchern vom 1. Juni 2020 auf den 1. Januar 2021.
- Stundung der Zahlung der Einzelhandelumsatzsteuer bis zum 1. Januar 2021.
- Möglichkeit Steuerprüfungen und Steuerverfahren für die Dauer der Epidemie auszusetzen.
- Verlängerung der Frist für die Einreichung der jährlichen Körperschaftsteuererklärung für Nichtregierungsorganisationen.
- Befreiung von der Transaktionssteuer (PCC) für Darlehen, die bis zum 31. August 2020 abgeschlossen wurden, wenn der Kreditnehmer der Unternehmer ist, dessen finanzielle Liquidität sich aufgrund negativer wirtschaftlicher Folgen aufgrund von COVID-19 verschlechtert hat.
- Möglichkeit Verwaltungsvollstreckungsverfahren gegen Geldforderungen auszusetzen.
- Unterstützung von Transportunternehmen bei der Refinanzierung von Mietverträgen.
- Ermöglichung, dass Geschäfte an Sonntagen – die einem Handelsverbot unterliegen – Waren annehmen, entladen und in Regale stellen können.
- Die Möglichkeit, die Frist für die Prüfung technischer Geräte zu verschieben und gleichzeitig den Betrieb für einen Zeitraum von maximal weiteren 6 Monaten beizubehalten.
Verschiebung der Frist für den Abschluss von Verträgen über die obligatorische betriebliche Altersversorgung (PPK)
Zusätzlich zu den oben genannten Maßnahmen wird durch das Gesetz COVID-19, das Gesetz über die betriebliche Altersversorgung in Bezug auf die Anwendung der obligatorischen betrieblichen Altersvorsorge (PPK) geändert.
Für Unternehmen, die mindestens 50 Mitarbeiter beschäftigen, wird die Frist für den Abschluss solcher PPK-Verträge mit einem Finanzinstitut durch das Gesetz COVID-19 vom 10. April auf den 10. November 2020 verlängert.
Hintergrund der PPK-Verträge in Polen
- PPK-Verträge wurden 2019 von der polnischen Regierung als neues obligatorisches Instrument des systematischen Sparens für die Altersvorsorge der Arbeitnehmer eingeführt.
- Der obligatorische Grundbeitrag beträgt 2% des Bruttogehalts. Der Arbeitnehmer ist berechtigt, seinen Beitrag um weitere 2% zu erhöhen.
- Der Pflichtbeitrag des Arbeitgebers beträgt 1,5% des Bruttolohns des Arbeitnehmers. Weitere 2,5 % des Bruttolohns des Arbeitnehmers können geleistet werden.
- Der Höchstbetrag der PPK-Beiträge darf den PLN-Gegenwert von USD 50.000 pro Jahr nicht übersteigen, der auf der Grundlage des durchschnittlichen Wechselkurses berechnet wird, der von der Polnischen Nationalbank am letzten Geschäftstag des Vorjahres bekannt gegeben wurde.
- Die Beiträge des Arbeitgebers zu den PPKs werden beim Arbeitnehmer als steuerpflichtiges Einkommen behandelt.
Bleiben Sie gesund!
Sie finden im interaktigen PDF die COVID-19 Entlastungsmaßnahmen für folgenden CEE/SEE Länder: Albanien, Bulgarien, Österreich, Ungarn, Tschechien, Kroatien, Montenegro, Polen, Rumänien, Slowakei, Serbien und Slowenien!